Saarbrücker Zeitung vom 18. Februar 2002 - Ausgabe Neunkirchen

Domm Gespräch als Markenzeichen

Das Duo Langhals & Dickkopp wandelte in Neunkirchen trittsicher auf dem schmalen Grat zwischen Tief- und Schwachsinn

Das "domm Gespräch zwesche der Lieder" ist einer der Gründe für den Erfolg von Langhals & Dickkopp. In Neunkirchen hat das Duo jedenfalls viele Freunde gefunden, die sich wieder einmal köstlich amüsierten.

- Von ANJA KERNIG -

Neunkirchen. "S wär doch scheen, wenn uns de Leut im Saal auch täten ä bisssche verschdän" -nun, was das anbelangt, gab es beim Auftritt von Langhals & Dickkopp in der Stummschen Reithalle keinerlei Probleme. Unter dem Programmtitel. "Moss datt senn?!" gastierte dort das Comedy-Duo vor ausverkauftem Haus. Eine besondere Ehre für alle Anwesenden, schließlich durften sie das letzte Mal die Uraufführung dieses Programmes erleben. Ab kommenden März gibt es nämlich ein neues, dem positiven Denken verpflichtetes mit dem vielversprechenden Namen: "Wat ä Glügg."

Ein letztes Mal also schipperten am Freitagabend Langhals & Dickkopp mittels "Sketchen, Liedern unn Geschwätz off saarländisch" zwischen Kasachstan und Ostexweiler herum. Wie gesagt, Sprachbarrieren gab es hierbei nicht - ganz anders als in Luxemburg oder "vor 300 tschechischen Rockern." So gesehen hatten Jürgen Brill, seines Zeichens Fachmann in Kleinkindpädagogik, Klarinette und E-Piano (Hobbys: Laufen, Lesen, Schwimmen) und Uli Schu, Eintrittskartenfachverkäufer, Männjesmoler und Gitarrist, ein wahres Heimspiel.

Wie alte Bekannte kamen dann auch die einzelnen Figuren daher, in die sich die beiden Akteure dank fliegender Kostümwechsel (zwei Lockenwickler ins Haar oder die Schirmmütze aufs Haupt) verwandelten. Marlene und Gertrud zum Beispiel. Letztere überführte ihre Freundin angesichts deren Illustrierten-Konsum der "Blättche-Sucht." Wobei "em Gertrud Seiner schon lange Blättche für Männer vermisst." Aufgedreht vom vielen Sprudel ("zu Hause trinken wir doch immer nur stilles Wasser") überlegten sich die beiden Weibsbilder schon mal einen Namen für dieses Printmedium:
"Walter - Alles was Männer interessiert." Natürlich dürfen darin Ratgeber a la "Hilfe, ich habe mir ein Ei gebraten. Wie sag ich's meiner Frau?" nicht fehlen.

Die Musik wechselte von volksliedhaften Tönen bis hin zu jazzigen Arrangements. Greift Brill mal neben die richtige Taste, kann man sich auf was gefasst machen. Denn dann folgt eine detaillierte Erörterung der Gründe für dieses Fehlverhalten plus Demonstration der richtigen wiewohl anderer, ebenfalls möglicher, falscher Töne. Auch ein Markenzeichen:: Die Moderationen zwischen den Liedern (Fachbegriff: "domm Gespräch zwesche der Lieder") sind oft länger als das sich anschließende musikalische Kleinod. Bestes Beispiel: Brill kündigt eine neue Liedgattung an.

Ein so genannter "Beziehungsbetrachtungssong mit multiplem Du." Dabei handelt es sich um "ein Liebeslied, das gar kein liebes Lied ist" und das den komplizierten Wechsel von selbstanklägerischer Betrachtungsweise zur Offensive vollzieht. Natürlich hat solch ein Kunstwerk auch einen entsprechenden Titel, nämlich. "Blöder Depp." Ein anderer Song erzählt davon, dass Cowboys keine Freunde haben "nur ihr Pferd, den Mond und Winnetou." Langhals & Dickkopp scheuen auch vor (lokal)politischen Themen nicht zurück. So griffen sie ein trauriges Kapitel der Marpinger Geschichte auf, das bisher immer unter den Teppich gekehrt wurde: Die Teilnahme 1971 am Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden." Jenes Jahr erhielt von den Einheimischen den Namen "Stephen-King- Jahr."

Zu Recht, denn laut Recherche der beiden Aufklärungsaktivisten mussten damals die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Greenpeace und die CSU eingreifen. Furchtbares spielte sich ab, hatten doch die Dorfbewohner den Titel des Wettstreites als Aufforderung zur Verschönerung der eigenen Gesichter und diverser anderer Körperteile verstanden. Minutiös schilderte Jürgen Brill später die Schlüsselszene aus Titanic. Wie Jack/Leonardo di Caprio "verendet und schließlich im Meer versinkt (was der Kameramann unter Einsatz des eigenen Lebens gedreht hat)." Nicht weniger dramatisch die Geschichte von der Nachbarin, die ihren Kühlschrank seit mindestens 30 Jahren nicht mehr abgetaut hat Die Folge: "eine Endmoräne im Kühlfach." Mit sicherem Tritt wandelten Brill und Schu auf dem schmalen Grat zwischen Tief-und Schwachsinn. Dabei zeigten sich die beiden Marpinger erfrischend locker, spontan und höchst amüsant. (Obwohl Brill unmissverständlich klar gestellt hatte: "Wir sind hier nicht zum Spaß.")

So war der stürmische, mit Zugaben belohnte Applaus am Schluss in jedem Fall verdient und die Frage "Moss dat senn?" hinlänglich beantwortet.



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